Illusion des besten Selbst
Die Illusion der "Highest Version”
Es ist verlockend, dem Idealbild unseres „höchsten Selbst“ nachzueifern – jener perfekten, strahlenden Version von uns selbst, die alles schafft, vielleicht immer stark, glücklich oder gut gelaunt ist.
Doch in diesem Streben können wir dazu neigen, manche Aspekte unseres Selbst zu vernachlässigen oder gar abzuwerten. Wir setzen zum Beispiel die Versionen von uns herab, die noch lernen, ihren Schutzpanzer abzulegen, sich zu öffnen, gesehen zu werden oder Bedürfnisse zu erfragen.
Dadurch entsteht eine innere Hierarchie, die uns davon abhält, uns vollständig anzunehmen und uns nach außen so zu zeigen, wie wir sind.
Doch: Fühlt es sich nicht falsch an, diese Versionen von uns als weniger wertvoll oder weniger weit zu betrachten?
Wenn wir nämlich ehrlich in uns hinein hören, fühlen wir, dass wir unsere “highest version” ohnehin nie erreichen werden: Solange wir in diesem Loop drin strecken, wird es immer etwas geben, das uns entweder zur besten Version unserer Selbst noch fehlt oder auf dem Weg dorthin keinen Platz hat und somit verstoßen wird.
Übersehen wir dadurch nicht die Vielfalt und Komplexität unseres Selbst? Was, wenn wahre Selbstliebe darin besteht, alle Facetten unseres Wesens zu akzeptieren und zu integrieren?
Die Wertschätzung jeder Version
Wir tragen jede dieser Versionen in uns und jede ist für uns genauso wertvoll und real wie die höhere Version von uns selbst. Denn sie haben uns zu der Person geformt, die wir heute sind.
Jede Erfahrung, jedes Trauma, jede Eigenschaft hat uns geprägt und uns dorthin geführt, wo wir heute stehen.
Werten wir aber einen Anteil, eine Facette in uns ab, so werten wir einen Teil unserer Selbst ab, statt ihm die verdiente Anerkennung und Liebe zu schenken.
Das führt nicht nur zu Rastlosigkeit, sondern auch häufig zu Unzufriedenheit. Eine Unzufriedenheit, die oft daher kommt, dass Anteile von uns selbst den Vorstellungen von unserem idealen, höchsten Selbst nicht entsprechen.
Doch spür mal in dich hinein: Wie würde es sich anfühlen, deine eigenen Fehler und Schwächen zu akzeptieren, sie anzuerkennen, anstatt sie und damit dich selbst dafür zu verurteilen?
Integration durch Selbstliebe
Statt nach Perfektion, sollten wir also danach streben, uns selbst in unserer Ganzheit zu lieben.
Die wahre Essenz der Selbstliebe liegt nicht darin, eine übergeordnete Version von uns selbst zu werden, sondern alle Teile unseres Selbst mit der gleichen Wertschätzung und Liebe zu behandeln.
Indem wir uns selbst so annehmen, wie wir sind – mit all unseren Stärken und Schwächen – können wir innere Konflikte auflösen und in Harmonie mit uns selbst leben.
Erst wenn wir alle Teile mit der gleichen Wertschätzung und Verständnis behandeln und dadurch jede innere Hierarchie überwinden, entsteht eine inklusive und wahrhaftig integrierte Selbstliebe.
Wenn du für einen Moment nichts lösen, dich nicht verbessern oder verstehen musst, wenn du dir selbst mit Offenheit und Neugierde begegnest und schaust, was in dir gerade sein will – wie begegnest du dir dann?
Es bleibt ein Reise
Die Reise zur Selbstliebe ist keine lineare, sondern eine ganzheitliche, die uns unser Leben lang begleiten wird.
Manchmal verirren wir uns dabei, biegen falsch ab oder landen an Orten, an denen wir bereits waren. Manchmal entdecken wir aber auch neue Wege und trauen uns mit Vollgas voran.
Wichtig ist nur, dass wir ab und zu innehalten und unsere innere Kompassnadel neu ausrichten: Begegne ich mir noch offen oder gibt es gerade einen Anteil, den ich abwerte? Strebe ich nach einem “higher self” oder nach wahrhaftiger Selbstliebe?
Wenn wir uns so leiten lassen und alle Aspekte unseres Selbst annehmen und integrieren, können wir ein authentisches und erfülltes Leben führen.
Die integrierte Selbstliebe öffnet dabei den Weg zu einer tiefen Verbindung mit uns selbst und anderen – unabhängig davon, ob wir uns als spirituell betrachten oder nicht.
Denn am Ende ist nur eins wichtig: Jede Version von dir will etwas Gutes für dich.
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